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Sie stehen kurz vor dem Referendariat, welche Fächer haben Sie studiert und welche Gründe haben Sie zu Ihrer Wahl bewegt?

Ich habe Mathematik, Philosophie/Ethik und Sportwissenschaft auf  Lehramt an Gymnasien studiert. Meine Motivation diese Fächer zu studieren ist eher persönlicher Natur. Ich habe nach Fächern gesucht, die Körper, Geist und Seele betreffen. Ich beschäftige mich gerne mit analytischen Aufgaben, die man in der Mathematik zu genüge findet. In der Mathematik legt man Wert darauf, dass eine Eindeutigkeit beispielsweise bei Definitionen und auch bei Beweisen besteht. Auf Grund der Formalität besteht so eine gewisse Sicherheit. Die Philosophie im Gegensatz lässt oft mehrere Möglichkeiten zu, angestrebt werden aber auch hier  analytische und logische Zusammenhänge.

Was fasziniert Sie an der Mathematik?

Die Mathematik ist eine formale Wissenschaft. Sie hat daher eine gewisse Freiheit im Zusammenhang mit einer formalen Notwendigkeit. Frei ist die Mathematik insofern als, dass sie unabhängig von praktischer Anwendung funktionieren kann. Notwendigkeiten produziert sie durch ihren logisch stringenten Anspruch. Andererseits kann die Mathematik praktisch nutzbar gemacht werden. Sie soll reale Probleme lösen und findet Anwendung in unterschiedlichen Bereichen. Ohne Mathematik gäbe es beispielsweise keine Computer. Diese Perspektiven der Mathematik faszinieren mich.

Wo sehen Sie konkrete Anwendungsmöglichkeiten im Unterricht, Stichwort Mathe als theoretische Wissenschaft, aber auch als wichtiges, praktisches Handwerkszeug? Wie werden Sie das an Schüler vermitteln?

In der Mathematik wie in der Philosophie ist es wichtig, sich zu wundern. Dinge sind nicht selbstverständlich. Es ist zum Beispiel bewundernswert, dass die Mathematik als formale Wissenschaft so oft doch praktisch nutzbar ist. Die Eigenschaft der Formalität wird von Schülerseite oft beklagt und es wird die Frage gestellt, wozu man das alles überhaupt brauche. Dies ist selbstverständlich eine berechtigte Frage. Deshalb möchte ich sowohl ein Bewusstsein für die Formalität  als auch für  die praktische Nutzbarkeit schaffen. In der Wahrscheinlichkeitsrechnung kann man beispielsweise schöne Zufallsexperimente in der Klasse durchführen und daraus mögliche Prognosen erstellen. Das faszinierende an Prognosen ist, dass sie quasi Zukunftsschätzungen ermöglichen auf der Basis einer gegebenen Wahrscheinlichkeit. An dieser  Stelle sollte man sich wundern und überlegen, wie interessant es ist, Überlegungen über noch nicht geschehenes zu machen. Und dann sogar eine Entscheidung zu treffen, obwohl tatsächlich noch nichts passiert ist. Der Würfel ist noch nicht geworfen, doch ich habe schon eine Idee davon, dass es wahrscheinlicher ist, eine ‚zwei oder drei‘ statt einer ‚sechs‘ zu würfeln.  Aufgrund dieser Idee kann eine Spielentscheidung gefällt werden.

Sie studieren zusätzlich zu Ihren Hauptfächern Sportwissenschaft im Nebenfach. Wie kann man sich ein Studium der Sportwissenschaft  vorstellen? Gibt es Bezüge zu MINT?

Die Sportwissenschaft im Allgemeinen ist eine sogenannte Querschnittswissenschaft, da sie aus verschiedenen Wissenschaften Kenntnisse nutzt und sie auf den Sport anwendet. Zur Sportwissenschaft gehören unter anderem  die Sportmedizin, die Sportpädagogik, -psychologie und –soziologie sowie die Trainingswissenschaft oder auch Themen der Biomechanik. Konkret bedeutet die Interdisziplinarität für das sportwissenschaftliche Studium, dass  grundlegende Kenntnisse aus allen beteiligten Wissenschaften erlernt werden. Selbstverständlich gehört zu diesem Studium auch eine praktische wie theoretische Ausbildung in verschiedenen Individual- und Mannschaftsportarten.  MINT steckt dabei in vielen Themengebieten. In der Sportmedizin beschäftigt man sich mit der Anatomie des Menschen, den Knochen, Muskeln und Sehnen, aber auch mit Organen wie dem Herzen oder der Lunge. In der Trainingslehre geht es u.a. um die Effekte von Training auf den menschlichen Organismus. Es wird sich zum Beispiel damit beschäftigt, was mit einem Muskel passiert, der belastet wurde. Neben Kenntnissen über biologische Prozesse, nutzt die Biomechanik, wie der Name schon suggeriert, Gesetzmäßigkeiten der Mechanik. Es wird angenommen, dass physikalische Prinzipien auf den Bewegungsapparat des Menschen angewendet werden können. Somit können beispielsweise Gelenke in der Bewegung analysiert werden und ganze Bewegungsabläufe  physikalisch begründet und  optimiert werden.  Es werden auch konkrete Rechnungen durchgeführt wie die KSP(Körperschwerpunkt)-Bestimmung und die Kraftstoß- oder Impulsberechnung. Grundlagen der Biologie spielen also im sportwissenschaftlichen Studium genauso eine Rolle wie Grundlagen der Physik und Mathematik.

Einen Tag eines Studenten der Sportwissenschaft kann man sich ungefähr so vorstellen: Morgens um acht trifft man sich in der Sporthallte zum Thema Technische und taktische Fähigkeiten und Fertigkeiten beim Gegenstoß im Handball.  Es gibt ein einführendes Referat und danach eine praktische Einheit. Um zehn geht es dann in den Hörsaal in die Bewegungslehrevorlesung  Grundsätze für schnelle Fortbewegung im Wasser. Um zwölf beginnt der Kurs Gerätturnen, bei dem der Bewegungsablauf des Handstützüberschlags durchgenommen wird. Das Tutorium zur Vorlesung Trainingslehre I  startet um zwei mit dem Thema Grundlagen des Konditionstrainings. Von vier bis sechs ist Zeit für ein Treffen mit seinem Referatspartner bis man sich um sechs in der sportmedizinischen Vorlesung mit der Orthopädie des Kniegelenks beschäftigen darf.

Liebe Frau Wolf, vielen Dank für dieses Gespräch.