Bei Ihren Studenten an der Universität Osnabrück sind Sie als Informatik-Professor  so etwas wie ein Star. Das ist ungewöhnlich, was machen Sie anders als andere Professoren? 
vornberger
Eigentlich ist der Begriff „Star“ nicht ganz richtig, denn ich sehe eben nicht mich im Zentrum des Geschehens, sondern die Studenten. Der Student fragt eine Dienstleistung nach, nämlich Bildung, die ich liefere. Er ist daher mein Kunde, und der Kunde ist bekanntermaßen König. Es ist also meine Aufgabe, den Vorgang des Lernens so effektiv wie möglich zu gestalten. Mit Humor und Respekt ist da schon viel gewonnen.

Vor Kurzem bekamen Sie vom Stifterverband und der Hochschulrektorenkonferenz den mit 50.000 Euro dotierten „Ars-Legendi-Preis“ für exzellente Lehre. Man attestiert Ihnen bundesweit vorbildliche Vorlesungen und Seminare. Was bedeutet Ihnen dieser Preis?

Sehr viel. Als ich vor 20 Jahren als Professor in Osnabrück anfing, wurde ich wegen meines Engagements in der Lehre von manchem Kollegen etwas mitleidig belächelt, der sich lieber in den Elfenbeinturm zurückzog und ein weiteres Papier verfasste. Inzwischen hat sich der Wind gedreht und die Hochschulrektorenkonferenz möchte mit diesem Preis ein Signal setzen und den Stellenwert der Lehre deutlich erhöhen, was natürlich genau meinem Weltbild entspricht.

Den Preis haben Sie aber nicht nur für Ihre Grundeinstellung erhalten, sondern auch für die von Ihnen entwickelten Werkzeuge, richtig?

Genau. Im Zentrum zur Unterstützung der virtuellen Lehre an der Universität Osnabrück wurde unter meiner Leitung z.B. das Autorensystem media2mult implementiert, mit dem Dozenten mit vertretbarem Aufwand multimedial angereicherte Vorlesungsmaterialien anfertigen können. media2mult erzeugt aus einem einzigen Masterdokument sowohl eine Online-Fassung mit verzeigerten HTML-Seiten als auch eine hochwertige Druckfassung im PDF-Format. Unser Vorlesungsaufzeichner virtPresenter automatisiert die gesamte Prozesskette der Videoaufzeichnung vom Aufnehmen im Hörsaal über den Videoschnitt bis hin zum Produzieren der verschiedenen Ausgabeformate.

Was sagen Ihre Studenten dazu ?

Die sind begeistert. Nun können sie eine Vorlesung, die sie verpasst haben, später im Web-Browser 1:1 nacharbeiten, können das Video anhalten, zurückspulen und erneut anschauen. Insbesondere zur Prüfungsvorbereitung wird das Angebot gerne genutzt. Wie mir die Studenten glaubhaft versicherten, schauen Sie nun am Samstagsabend nicht mehr „Wetten dass?“ sondern „Vornbergers Algorithmen“.

Und was sagen Ihre Kollegen dazu ?

Es ist nicht jedermanns Sache, sich im Hörsaal filmen zu lassen, denn jeder Versprecher und jeder misslungene Scherz wird für die Ewigkeit in Stein gemeißelt. Aber für die Qualität der Veranstaltung ist es förderlich, denn der Dozent muss nun vorher etwas stärker über Inhalt und Struktur der Veranstaltung nachdenken. Es entsteht zwangsläufig so etwas wie eine in sich abgeschlossene Lehreinheit und davon profitiert natürlich der Hörer.

Ihre Vorlesung „Algorithmen“ war wochenlang auf dem ersten Platz in den Charts des „iTunes-Store“, das ist wirklich bemerkenswert.

Das war in der Tat eine ganz neue Erfahrung. Im Laufe des Semesters wurde klar, dass zusätzlich zu den 200 Studenten im Hörsaal bis zu 1000 externe Hörer die Vorlesung als Podcast abonniert hatten. Unsere Umfrage am Ende des Semesters ergab, dass viele Studenten anderer Hochschulen, aber auch Schüler, Berufstätige und Rentner zuhause am PC oder auf dem iPod im Intercity sich die Vorlesung anschauten. Offenbar ist der Bedarf an Bildung beim Bürger höher als angenommen.

Wie stellt sich die Entwicklung Ihrer Studentinnen dar, viel zu wenig junge Frauen studieren noch im Bereich „MINT“. Konnten Sie einige Karrierepfade mitverfolgen?

Wie unser aktueller Gleichstellungsplan zeigt, verhält sich der Fachbereich Mathematik/Informatik der Universität Osnabrück in der Geschlechterfrage vorbildlich. Die weibliche Quote im Mittelbau und im Lehrkörper liegt deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Als Veranstalter der Ehemaligentreffen weiß ich, dass unsere Studentinnen nach ihrem Abschluss erfolgreich im Beruf Fuß gefasst haben. Mehrere von ihnen sind Professorinnen für Informatik geworden. Generell aber sind die technischen Fächer überwiegend in Männerhand. Das liegt wohl daran, dass von vielen beim „Kampf mit der Maschine“ ein erhöhter Testosteronspiegel erwartet wird. Inzwischen ist aber klar, dass der weibliche Zugang mit sozialer und strategischer Kompetenz sich vorteilhafter auswirkt. Ich gehe davon aus, dass der Frauenanteil steigen wird, zumal die Berufschancen hervorragend sind.