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icole Oberbeckmann, leitende technische Assistentin für den Bereich NGS der CeGaT GmbH
Wofür steht NGS?
NGS steht für Next-Generation-Sequencing.
Die Sequenzierung ist eine Methode zur Analyse von Nukleinsäuren, sprich DNA und RNA. Beide bestehen aus 4 verschiedenen Bausteinen, sogenannten Basen. Bei allen lebenden Organismen schreibt die DNA die Erbinformationen. Das menschliche Genom beispielsweise besteht aus ~3 Mrd. Basen.
Bei der Sequenzierung wird nun die Reihenfolge dieser Basen, die Sequenz, bestimmt.
Würden Sie es als „Next Generation“ bezeichnen?
Neu ist der mögliche Umfang einer solchen Sequenzierung. Mit der bislang gebräuchlichen Sanger-Sequenzierung konnte man nur kurze Abschnitte bestimmen. So hat man zum Beispiel für die vollständige Sequenzierung der menschlichen DNA 11 Jahre benötigt. Am Humangenomprojekt waren etwa 1000 Wissenschaftler aus über 40 Ländern beteiligt.
Heute ist dies in etwa 2 Tagen möglich! Wir können bis zu 180 000 000 Basen in 27 Stunden sequenzieren. Das stellt die Wissenschaft vor ganz neue Herausforderungen. So ist heute die Dateninterpretation eine der größten Herausforderungen. Wir verstehen leider noch längst nicht alles.
Wofür braucht man das?
Die Sequenzierung stellt eine der wichtigste Schlüsselmethoden für DNA-analytische Untersuchungen dar. Vaterschaftstests, Spender-Empfänger-Kompatibilität bei Organtransplantationen, die Untersuchung genetisch bedingter Erkrankungen sowie die Kriminalistik sind nur einige bekannte Beispiele, aus der die Sequenzierung nicht mehr wegzudenken ist.
Was macht Ihre Firma?
Die CeGaT ist auf die Untersuchung und Interpretation genetisch bedingter Erkrankungen spezialisiert. Wir nutzen die Möglichkeiten von NGS, um alle für eine spezielle Erkrankung assoziierten Abschnitte der DNA parallel zu untersuchen. Mit der klassischen Sanger Sequenzierung muss jeder Abschnitt einzeln untersucht werden. Für eine Erkrankung wie Epilepsie bedeutet das beispielsweise ~7800 einzelne Sequenzierungen. Undenkbar! Durch NGS können wir diese Abschnitte gleichzeitig sequenzieren und so relevante Veränderungen viel schneller und viel kostengünstiger finden.
Was machen Sie?
Ich bin gelernte biologisch-technische Assistentin und leitende Angestellte im Bereich NGS Diagnostik. Meine Aufgaben umfassen in erster Linie die Organisation des Labors. Dazu gehört sicherzustellen, dass die Geräte ordnungsgemäß funktionieren, die Erstellung, Verbesserung und Einführung neuer Prozesse, die Einarbeitung neuer Mitarbeiter und einiges mehr. Ansonsten bin ich die Schnittstelle zu den anderen Arbeitsgruppen wie z.B. der Bioinformatik, des Büros oder der Auswertungsgruppe. Deren Anfragen zu Probendurchlaufzeiten, Anforderungen an Proben und Umsetzbarkeit von Projekten landen auf meinem Schreibtisch.
Wie sieht Ihr Tagesablauf aus?
Er startet mit viel Kaffee. Meistens sprechen wir uns im Team morgens kurz ab, was bei dem Einzelnen ansteht. Wir arbeiten eng zusammen und spielen uns die Bälle häufig untereinander zu. Nachdem das Wesentliche abgeklärt ist, ist man für gewöhnlich im Labor. Wir organisieren unsere Arbeiten weitestgehend selbständig. Man kennt seine Protokolle und weiß, wie lange die einzelnen Schritte brauchen. Dementsprechend schachtelt man die anfallenden Arbeiten. In unserem Labor haben wir auch viele Arbeiten automatisiert, sprich sie werden von Pipettierrobotern ausgeführt. So entstandene freie Zeit nutzen wir hauptsächlich für die Dokumentation unserer Daten. Alles wird genau festgehalten, damit eventuelle Probleme sofort erkannt werden. Auch bei der Fehlersuche ist eine gute Dokumentation Gold wert. Bevorzugt kommen Nachfragen frühestens ein halbes Jahr später.
Wie sind Sie dazu gekommen?
Der Beruf der biologisch-technischen-Assistentin ist eine schulische Berufsausbildung. Ich habe meine Ausbildung an einer Schule gemacht, bei der ich nebenher noch meine allgemeine Fachhochschulreife erlangen konnte. Ursprünglich war der Gedanke, dass ich mir dadurch alle Optionen offen halte. Biologie hat mir während meiner Schulzeit immer Spaß gemacht. Dass es nun kein Studium wurde, lag daran, dass ich gerne im Labor und praktisch arbeite. Der Beruf des Biologen ist mir in mancher Hinsicht zu theoretisch.
Bei der CeGaT bin ich durch Zufall, gepaart mit Glück, gelandet. Als ich Anfang 2010 angefangen habe, steckten die Firma sowie die genetische Diagnostik via NGS, noch in den Kinderschuhen. Dadurch konnte ich viele Entwicklungen in der Branche live miterleben. Das war spannend und extrem lehrreich.
Macht es Spaß?
Unbedingt! Das liegt aber nicht zuletzt daran, dass gerade im Bereich NGS sich ständig alles ändert. Nachdem knapp 20 Jahre wenig im Bereich Sanger Sequenzierung passiert ist, überschlagen sich derzeit die Neuerscheinungen. Regelmäßig werden neue Anwendungsmöglichkeiten veröffentlicht und neue Geräte auf den Markt geworfen. Dadurch bleibt die Arbeit sehr abwechslungsreich und spannend.
Auch die Balance zwischen praktischen Arbeiten im Labor und dem administrativen Drumherum machen diesen Beruf für mich sehr reizvoll.
Was ist doof?
Nichts Generelles. Einzelne Projekte können sich zäh gestalten und gerade in der Forschung und Entwicklung klappt längst nicht alles. Aber gerade wenn man sich auf Fehlersuche begibt und die Dinge hinterfragt kann man am meisten lernen!
Kann ich das auch, worauf kommt es an?
Im Labor zu arbeiten ist ein bisschen wie Kochen. Ähnlich wie beim Kochen die Rezepte gibt es im Labor Protokolle, nach denen wir arbeiten. Und wie auch beim Kochen kennt man nach einiger Zeit so ein paar Stellschräubchen, an denen man drehen kann, damit das Ergebnis besser wird. Leider “schmeckt“ es aber auch im Labor nicht immer. Gerade in der Forschung braucht man schon eine gewisse Frustrationstoleranz. Wenn man die einzelnen Arbeitsabläufe gut schachteln kann ist das auch ein großer Vorteil. Ansonsten wird auch im Labor natürlich alles gleichzeitig fertig.
Es ist sehr wichtig genau zu arbeiten! Ein bisschen pedantisch darf man sein. Gerade im Umgang mit Patientenproben oder z.B. in der Kriminalistik sind Vertauschungen selbstverständlich nicht tragbar. Dementsprechend muss man sich ständig selbst kontrollieren.
Ihr Fazit?
Ein spannender, abwechslungsreicher Beruf der sehr viel Spaß macht.